Steuerzentriertes Vermögensmanagement im Familienkreis

Auch beim Privatvermögen sollten Unternehmerfamilien ein Auge auf die Tücken des Steuerrechts haben. Ein steuerliches Risiko- und Gestaltungsmanagement ist hier – so Andreas Söffing und Jan Bron, Partner resp. Assoziierter Partner der Sozietät Flick Gocke Schaumburg – ebenso geboten wie im Unternehmen. Neben Beispielen aus und Empfehlungen für die Praxis gehen die Autoren auf Aktuelles ein: die Reform des Erbschafts- und Schenkungssteuererrechts und die Folgen des Brexit.



Leseprobe

Während steuerliche Risikoanalysen bspw. bei Unternehmenskäufen zum Standard gehören, werden diese bei Privatpersonen und Unternehmern meist vernachlässigt. In der Folge bestehende wirtschaftliche und ggf. auch (straf-)rechtliche Risiken lassen sich mit einem geeigneten Risikomanagement jedoch leicht beherrschen. Ferner kann durch eine sorgfältige Prüfung der Unternehmens- und Vermögensstruktur i.d.R. auch umfassendes steuerliches Gestaltungspotential identifiziert werden. Gefordert ist entsprechend ein Vermögensmanagement, welches sowohl das steuerliche Risikomanagement als auch das steuerliche Gestaltungsmanagement umfasst. Dies wird anhand von Praxisbeispielen aus verschiedenen Vermögensbereichen verdeutlicht.


1. Risiko- und Gestaltungsmanagement –
Worum geht es?


Unter einem Risikomanagement werden gemeinhin Maßnahmen verstanden, die zur systematischen Erkennung, Analyse, Bewertung, Überwachung und Kontrolle von Risiken beitragen. Erst wenn bestehende Risiken identifiziert sind, lassen sie sich bewusst reduzieren oder vermeiden. Zusätzlich können durch die sorgfältige Prüfung der Vermögens- und Unternehmensstruktur Gestaltungspotentiale entdeckt werden, deren Nutzung zu einer erheblichen Verbesserung des steuerlichen Status des Steuerpflichtigen führt. Das Vermögensmanagement sollte daher auch stets das steuerliche Risiko- und Gestaltungsmanagement umfassen.

Im Bereich der Besteuerung zeigt sich bei dem Vermögensmanagement in der Praxis jedoch regelmäßig ein geringes Problembewusstsein; die Beauftragung eines versierten Beraters im Rahmen der Erstellung der jährlichen Steuererklärungen wird in diesem Zusammenhang vielfach als ausreichend angesehen. Im Übrigen erfolgt die Einschaltung eines auf bestimmte Bereiche spezialisierten Rechtsanwalts oder Steuerberaters im Bereich der privaten Vermögensstruktur eher selten. Lediglich im unternehmerischen Bereich ist das steuerliche Risikomanagement ausgeprägter. So werden zumindest im Vorfeld von Unternehmensumstrukturierungen meist die steuerlichen Auswirkungen sorgfältig untersucht. Auch gehört eine steuerliche Due Diligence, also eine mit gebotener Sorgfalt durchgeführte Risikoprüfung, im Vorfeld eines Unternehmenserwerbs zum Standard. Eine regelmäßige „Due Diligence“ der Struktur des eigenen betrieblichen und privaten Vermögens findet jedoch vielfach nicht statt.

Eine solche Vernachlässigung der regelmäßigen Analyse des eigenen Vermögens hin auf steuerliche Risiken kann jedoch fatale Folgen haben. Sollte die Finanzverwaltung bspw. die Realisation von bislang unidentifizierten steuerlichen Tatbeständen bemerken, drohen zumeist umfassende Steuernachzahlungen sowie häufig eine 6%ige Verzinsung der Steuernachzahlungen. Neben diesen wirtschaftlichen Folgen sind – je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls – auch weitere unangenehme Konsequenzen, vom Reputationsschaden über den Entzug eines Jagdscheins bis hin zu (weiteren) harten strafrechtlichen Konsequenzen denkbar.

Dabei sollten alleine die wirtschaftlichen Steuerfolgen ausreichend sein, um der steuerlichen Situation mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Dies gilt umso mehr, als häufig selbst die beste und bis auf den letzten Basispunkt optimierte Vermögensanlage nicht in der Lage sein dürfte, ungeplante Forderungen des Finanzamtes zu kompensieren.
Ein solches Risiko- und Gestaltungsmanagement ist kein einmaliger Vorgang, sondern sollte entweder als permanenter Prozess installiert oder in regelmäßigen Zeitabständen wiederholt werden. Diese dauerhafte oder regelmäßige Analyse der eigenen Steuersituation ist deshalb dringend geboten, da die eigenen persönlichen Verhältnisse, die Vermögenssituation oder auch die steuerlichen und juristischen Rahmenbedingungen einem permanenten Wandel unterliegen.

Eine Untersuchung der eigenen Verhältnisse kann in diesem Zusammenhang nicht nur zur Aufdeckung von vorhandenen steuerlichen und juristischen Risiken, sondern auch zur Identifikation von steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten beitragen. Die Vorteilhaftigkeit einer entsprechenden Analyse von Vermögensstrukturen zeigt sich auch anhand der nachfolgenden Praxisbeispiele aus verschiedenen Vermögensbereichen.


2. Beispiele aus verschiedenen Vermögensbereichen

2.1. Immobilienvermögen

2.1.1. Ferienimmobilien in Spanien

Sehr viele Ferienimmobilien in Spanien werden von deutschen Steuerpflichtigen über eine deutsche GmbH, eine spanische S.L. oder eine entsprechende Doppelstruktur gehalten. In der Wahrnehmung der Steuerpflichtigen befindet sich die Ferienimmobilie trotz dieser juristischen Struktur in ihrem eigenen Eigentum. Der Steuerpflichtige ignoriert somit i.d.R., dass juristischer Eigentümer der Immobilie die dazwischengeschaltete Kapitalgesellschaft ist. Folglich zahlt der Steuerpflichtige für die eigene Nutzung der Immobilie auch keine Miete an seine eigene Kapitalgesellschaft.
Aus steuerlicher und auch aus juristischer Sicht handelt es sich bei dem Steuerpflichtigen einerseits sowie der die Ferienimmobilie haltenden Kapitalgesellschaft andererseits dagegen um zwei unterschiedliche Rechtsträger bzw. Steuerpflichtige. Dementsprechend hat das oberste Steuergericht in Deutschland, der Bundesfinanzhof, mit Urteil vom 12.6.2013 (I R 109-111/10, BStBl. II 2013, 1024) entschieden, dass bei einer solchen unentgeltlichen Nutzung der Steuerpflichtige von seiner Kapitalgesellschaft einen Vermögensvorteil erhält, der als sogenannte verdeckte Gewinnausschüttung versteuert werden muss.

Unabhängig von den steuerlichen Konsequenzen auf der Gesellschaftsebene besteht das Risiko für den steuerpflichtigen Gesellschafter somit darin, dass spätestens im Rahmen der nächsten Außenprüfung für sämtliche noch offenen (d.h. änderbaren) Jahre die Finanzverwaltung diese verdeckten Gewinnausschüttungen als Einkünfte in den Steuerbescheiden ansetzen wird. Der Umfang dieser verdeckten Gewinnausschüttung wurde vom BFH in dem o.g. Urteil nach der Kostenmiete zzgl. eines Gewinnzuschlages ermittelt.

Für die vergangenen Jahre ist den betroffenen Steuerpflichtigen daher unbedingt zu empfehlen, diese bisher nicht deklarierten verdeckten Gewinnausschüttungen als Berichtigung der Steuererklärungen beim zuständigen Finanzamt nachzumelden. Für die Zukunft kann es sich anbieten, dass der Steuerpflichtige mit seiner eigenen Kapitalgesellschaft einen Mietvertrag abschließt. Die vereinbarte Miete sollte angemessen sein. Ggf. kann die Miete auch dem auf der Ebene der Kapitalgesellschaft ohnehin entstehenden Finanzierungsbedarf entsprechen, so dass die Finanzierung der laufenden Unterhaltung der Immobilie auf diesem Wege dargestellt werden könnte.
Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass es in Bezug auf die Anteile an den spanischen Immobilienkapitalgesellschaften durch eine Änderung im Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Spanien zum 1.1.2013 zu einer Einschränkung des deutschen Besteuerungsrechtes für Gewinne aus etwaigen Anteilsveräußerungen gekommen ist. Hierdurch wurde nach der Auffassung der Finanzverwaltung die sog. Wegzugsbesteuerung ausgelöst. Es hat demnach eine Besteuerung einer fiktiven Anteilsveräußerung stattzufinden, auch wenn kein Gesellschafter ins Ausland gezogen ist. Wenngleich aufgrund einer Gesetzesergänzung und dem Umstand, dass Spanien zur EU gehört, auf Antrag eine Stundung der entsprechenden Steuer in Betracht kommt, ist auch die Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens in der (ggf. zu berichtigenden) Steuererklärung zu berücksichtigen.