Die Familienstiftung als Option für die Gestaltung der Nachfolge

Gemeinnützige Stiftungen, die Zwecken der Wissenschaft, Kunst und Kultur, Erziehung und Bildung oder humanitärer Hilfe verpflichtet sind, waren bereits häufiger Gegenstand von Publikationen der Schriftenreihe. Hier geht es um ein anderes Modell, das durch absehbare Änderungen des rechtlichen Umfelds noch attraktiver werden wird: Die Stiftung als Instrument für Familienunternehmen und Großvermögen bei der Überleitung auf die nächste Generation – ihre Einsatzmöglichkeiten, Satzung und Organe, steuerliche Fragen und Gestaltungsoptionen.

 

Leseprobe

 

B. Einsatzmöglichkeiten der Familienstiftung
Ob die Stiftung als sinnvolles Gestaltungsmittel der Unternehmensnachfolge in Betracht kommt, ist anhand der Motive und Ziele des Stifters zu ermitteln. Die Motive für die Errichtung einer Stiftung sind vielfältig. Verfolgt ein Vermögensträger oder Unternehmer eines oder mehrere der folgenden Ziele, sollte die Errichtung einer Stiftung als Nachfolgelösung in Betracht gezogen werden:

  • Ein großes privates oder unternehmerisches Vermögen soll generationenübergreifend zusammengehalten
  • werden, um eine Zersplitterung durch Erbgang, Verkauf oder familiäre Konflikte zu verhindern.
  • Liquiditätsabflüsse beim Unternehmen durch Abfindungszahlungen beim Ausscheiden eines Gesellschafters oder durch Pflichtteilsansprüche sollen reduziert werden.
  • Der Vermögensinhaber hat keinen (geeigneten) Nachfolger.
  • Es besteht das Risiko einer höheren Erbschaftsteuer beim „natürlichen“ Erbgang als bei einem geordneten, strukturierten Übergang auf eine Familienstiftung.
  • Privatvermögen und unternehmerisches Vermögen sollen aus haftungsrechtlichen Gründen getrennt und vor dem Zugriff Dritter geschützt werden („Asset Protection“).
  • Der Vermögensträger möchte seinen Willen über seinen Tod hinaus verewigen.
  • Die Unternehmerfamilie möchte sich philanthropisch engagieren.

I. Dauerhafter Vermögenserhalt
In der Generationenfolge können Vermögen zersplittern. Das Ausscheiden einzelner Gesellschafter lässt sich durch gesellschaftsvertragliche und erbrechtliche Regelungen nur erschweren oder verzögern, nicht aber vermeiden: Die Anordnung einer Dauertestamentsvollstreckung ist auf dreißig Jahre begrenzt (vgl. § 2210 BGB), und gesellschaftsrechtliche Abfindungsbeschränkungen unterliegen ebenfalls Grenzen.

Die mit dem Ausscheiden eines Gesellschafters verbundenen Liquiditätsbelastungen für das Unternehmen können durch frühzeitige Übertragung auf eine Stiftung vermieden werden. Künftig dienen nur noch die Erträge des eingebrachten Vermögens der finanziellen Versorgung der Familie, ohne dass deren Mitglieder indessen darüber verfügen können.

II. Asset Protection
Zugleich kann die Errichtung einer Stiftung dem Vermögensschutz („Asset Protection“) dienen. Das Stiftungsvermögen stellt ein vom Stiftervermögen getrenntes Vermögen dar, steht also grundsätzlich nicht als Haftungsmasse für Verbindlichkeiten des Stifters zur Verfügung, auch hält der Stifter anders als bei einer Gesellschaft keine pfändbaren Anteile. Wertsteigerungen des Stiftungsvermögens beeinflussen auch nicht den Zugewinn des Stifters im güterrechtlichen Sinne und das Stiftungsvermögen wird – bei rechtzeitiger Übertragung (siehe dazu sogleich) – nicht für die Berechnung von Pflichtteilsansprüchen herangezogen. Entsprechend bietet keine andere Rechtsform einen derart umfassenden Vermögensschutz. Entscheidend ist freilich eine frühzeitige Übertragung bevor „dunkle Wolken am Horizont“ sichtbar sind.

III. Reduzierung von Pflichtteilsansprüchen
Um Pflichtteilsansprüche weitgehend zu reduzieren, ist eine frühzeitige Stiftungserrichtung entscheidend:
Nach dem Tod des Stifters stehen dessen Ehegatten und Abkömmlingen im Falle der Enterbung Pflichtteilsansprüche in Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils zu. Hat der Erblasser zu Lebzeiten Vermögen verschenkt oder gestiftet, so haben die Pflichtteilsberechtigten einen sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch, der sich jedoch pro Jahr um ein Zehntel reduziert. Um Pflichtteilsansprüche auf null zu reduzieren, muss der Stifter die Stiftungserrichtung also um mindestens zehn Jahre überleben.
Zwei Einschränkungen ergeben sich bei der Pflichtteilsreduzierung freilich: Zum einen sollte die Stiftung nicht „nießbrauchsähnlich“ ausgestaltet sein, was der Fall sein dürfte, wenn der Stifter zu Lebzeiten als (ggf. alleiniges) Vorstandsmitglied der Stiftung nach freiem Ermessen über die Ausschüttungen der Erträge an sich entscheiden kann. In diesem Fall ist fraglich, ob die Abschmelzungsfrist in Gang gesetzt wird. Zum anderen beginnt die Frist für die Abschmelzung im Verhältnis zu Ehegatten nicht vor der Auflösung der Ehe. In diesen Fällen helfen also nur Pflichtteilsverzichte.
Die Stiftungserrichtung kann allerdings die Verhandlungen über Pflichtteilsverzichte begünstigen: Die Bereitschaft wird in dem Maße steigen, in dem Ehegatte und Kinder durch die Stiftung abgesichert sind, d.h. durchsetzbare Leistungsansprüche haben. Insbesondere, wenn ein Pflichtteilsverzicht nicht zu erlangen ist, ist eine Satzungsregelung zu erwägen, wonach der Destinatär und sein gesamter Stamm, der Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsansprüche nach dem Tod des Erblassers geltend macht, seine Stellung als Begünstigter der Stiftung verliert („stiftungsrechtliche Pflichtteilsstrafklausel“).