Unternehmerfamilie und Stiftung Motive – Erfahrungen – Ziele
Heft 3 der Schriftenreihe des Instituts
Familieneigene Stiftungen, die gemeinnützigen Zwecken dienen, leisten einen wichtigen Beitrag für die Förderung von Kultur, Wissenschaft und philanthropischen Zielen. Zugleich aber stärken sie auch die Einheit der Unternehmerfamilie und sind eine Chance, ihre bei der Führung des Unternehmens bewährte Stärken in anderen Zusammenhängen zu erproben. Zwei Erfahrungsberichte zeigen an den Beispielen der Hans-Lindner und der EQUA-Stiftung, in wie unterschiedlicher Weise Familien Stiftungen zu diesen Zwecken nutzen können.
Leseprobe
Einführung
Kirsten Baus
Das Interesse an der Gründung einer Stiftung nimmt in Unternehmerfamilien zu. Stiftungen, die von erfolgreichen Unternehmern ins Leben gerufen wurden, leisten in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens Bedeutendes. Die ganz Großen unter ihnen, die Siemens-, Bosch-, Zeiss- und Bertelsmann-Stiftung, haben einen beträchtlichen Bekanntheitsgrad erreicht. Gemeinsam mit ihnen liefern viele andere gemeinnützige Stiftungen von Unternehmerfamilien den Beleg, dass die Formel des Grundgesetzes, wonach Eigentum verpflichtet, ernst genommen wird. Wissenschaft und Forschung, die schönen Künste, die Denkmalpflege und nicht zuletzt die Fürsorge für sozial Benachteiligte werden durch diese Engagements gefördert.
Ein wichtiger Nebeneffekt wird dabei häufig übersehen. Mit einer Stiftung tut eine Unternehmerfamilie nicht nur Gutes für andere, sondern sie stärkt dadurch auch das eigene Selbstverständnis. Vom Standpunkt der Familienstrategie leisten Stiftungen einen wertvollen Beitrag für ein langfristig konstruktives Miteinander in der Unternehmerfamilie. Die familieneigene Stiftung reflektiert das eigene Wertefundament und eröffnet der Zusammenarbeit in der Familie neben dem Unternehmen ein neues Feld.
Aus diesen Gründen ist das dritte Heft der Schriftenreihe des Instituts der familieneigenen Stiftung gewidmet, wobei die Unternehmer selbst zu Wort kommen. Veronika Lindner-Derichsweiler und Dr. Hans Wacker stellen die Arbeit ihrer Stiftungen vor. Beiden Autoren möchte ich an dieser Stelle herzlich danken, dass sie anderen Unternehmerfamilien die Möglichkeit gewähren, Einblick in die Motive, Ziele und Erfahrungen ihrer Arbeit zu nehmen. Beide Stiftungen sind gemeinnützig. Sie sind damit Ausdruck der Verantwortung, die einem Stiftungsgründer durch seinen geschäftlichen Erfolg zuwächst.
Damit ist zugleich klar, worum es an dieser Stelle nicht gehen soll – die Stiftung als ein unternehmensstrategisches Instrument, das im Rahmen der Nachfolgeplanung als neuer Eigentümer des Unternehmens die Stelle der Familie einnimmt. Anders als dieses Modell zielt der hier vorgestellte Typ der familieneigenen Stiftung nicht auf die Trennung von Familie und Unternehmen. Im Sinne der Familienstrategie fördert sie nach innen die Integration und Identifikation einer Unternehmerfamilie. Damit kommt ihr eine zentrale kontinuitätsverbürgende Funktion zu. In anderer Weise als das Unternehmen macht auch die familieneigene Stiftung das Wertegefüge der Familie sichtbar und setzt neue Akzente.
Der Erfolg einer Unternehmerfamilie beruht auf Fleiß, Risikobereitschaft, Maßhalten, Bodenständigkeit, sozialer Verantwortung, Qualitätsbewußtsein und Engagement. Diese Eigenschaften werden auch die Arbeit der Stiftung prägen, aber es kommt noch etwas hinzu. Anliegen und Interessen, die in der unternehmerischen Arbeit nicht im Zentrum stehen, kommen hier zur Geltung: das Interesse an Literatur, Kunst und Musik, die Liebe zur Heimat und nicht zuletzt vom christlichen Glauben getragene philanthropische Zwecke. So kann die Förderung von Wissenschaft und Forschung durch die Innovationskraft des eigenen Unternehmens motiviert sein oder der persönliche Erfolg das Gefühl der Verpflichtung begründen, vom Schicksal weniger Begünstigten zu helfen. Damit kann der familieneigenen Stiftung eine Scharnierfunktion zuwachsen, die zugleich das Selbstverständnis und die Gemeinsamkeit einer Unternehmerfamilie stärkt und ihre Grundüberzeugungen nach außen vermittelt.