Wir für morgen – Klimaschutz für die nächste Generation

Auf die modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften werden durch den Klimawandel beträchtliche Veränderungen zukommen. Was das für Familienunternehmen bedeutet, beleuchtet ein renommiertes Autorenteam aus ganz unterschiedlichen Perspektiven – zunächst eine Situationsbeschreibung aus Sicht des Klimaphysikers, dann die Aktivitäten eines Großunternehmens der Konsumgüterindustrie wie Henkel und schließlich die Möglichkeiten eines philanthropischen Engagements, das die Forschung fördert und die Folgen zu mildern versucht.

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Leseprobe

 

2. Dekarbonisierung und Familienunternehmen

Langfristiges unternehmerisches Denken ist die Stärke von Familienunternehmen. Die Perspektive für die nächsten Jahrzehnte ist klar: Dekarbonisierung aller Geschäftsbereiche innerhalb einer Generation – die grüne Null im Blick.

Dabei ist völlig klar, dass für manche Branchen, wie die Stahlindustrie oder die Zementherstellung, die Herausforderungen deutlich größer sind als für andere. Gleichzeitig sind hier aber auch die Chancen für Entrepreneure höher als anderswo.
Gerade hier werden sich vor allem die Innovationstreiber und First Movers behaupten. Heute getätigte Investitionen ohne klare Klimaperspektive tragen ein enormes Risiko für Stranded Assets.

Mit klaren politischen Zielsetzungen der größten Volkswirtschaften der Welt ist Klimaschutz heute keine Frage für die CSR-Abteilung mehr, sondern rückt ins Zentrum unternehmerischen Handelns. Die Europäische Investitionsbank stellt Dekarbonisierung in das Zentrum ihrer Strategie und auch der Deutsche Sustainable Finance-Beirat hat seine ersten Empfehlungen abgegeben. Dabei gibt er ein klares Bekenntnis zum Rahmenwerk der „Task Force on Climate-related Financial Disclosures“ (TCFD) der G20 ab und empfiehlt „Umsetzung verbindlicher zukunftsorientierter Berichtspflichten nach dem Rahmenwerk der TCFD ab dem Geschäftsjahr 2022 für Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern”.

Wenn das für viele deutsche Unternehmen überraschend kommt, dann auch, weil die deutsche Klimapolitik schon seit den frühen 2010er Jahren hinter dem Nötigen und den eigenen Ansprüchen zurückfällt. Vom verlorenen Jahrzehnt in der Elek-tromobilität über den schleppenden Netzausbau, dem Bürokratiedickicht der Energiewende sowie unzureichenden Ansätzen im Gebäude- und Landwirtschaftssektor gibt es kaum einen
Bereich, für den Deutschland größere Erfolge vermelden kann. Und wenn jetzt mit Wasserstoff das nächste Thema gehyped wird, dann vielleicht auch, um von vergangenem Scheitern abzulenken. Eine wasserstoffbasierte Energiewende ist weder nötig noch bezahlbar.

Das Urteil aus Karlsruhe stellt eine Zäsur für die deutsche Klimapolitik dar. Aller Voraussicht nach wird Klimaschutz wie noch nie die politische Agenda der kommenden Wahl bestimmen – auch wenn die Koalition auf den letzten Metern noch mit einer deutlichen Verschärfung des Klimaziels plant.

Die Vergangenheit lehrt jedoch, dass Familienunternehmen gut beraten sind, nicht nur auf politische Vorgaben des Hier und Jetzt zu reagieren, sondern proaktiv die Transformation des eigenen Unternehmens voranzutreiben.

Ein umfassendes Konzept sollte dazu in jedem Fall diese fünf zentralen Fragen stellen.

 

Unsere Vision: Klimapositiv bis 2040

Nachhaltigkeit und Klimaschutz darf kein kurzfristiges Trendthema sein, sondern benötigt Weitblick. Nur durch langfristige Ziele lässt sich eine Vorreiterrolle erreichen, die auch ein klares Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb ist.

Bis 2030 wollen wir unsere CO₂-Emissionen um 75 Prozent pro Tonne Produkt verringern und zu 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen nutzen. Ein wichtiger Meilenstein im Jahr 2020 war der Abschluss eines Stromabnahmevertrags für einen neuen Windpark in Texas. Damit werden wir langfristig den gesamten Strombedarf von Henkel in den USA abdecken.

2040 soll Henkel ein klimapositives Unternehmen sein. Bis dahin wollen wir alle verbleibenden fossilen Brennstoffe, die in der Produktion eingesetzt werden, auf klimaneutrale Alternativen umstellen und überschüssige klimaneutrale Energie an Dritte liefern. Und wir sind auf einem sehr guten Weg: Im März 2020 bestätigte die „Science Based Targets Initiative“ (SBTi), dass Henkels Ziele zur Reduzierung von Emissionen die Anforderungen des Pariser Klimaschutzabkommens erfüllen.

Auch in anderen relevanten Bereichen der Wertschöpfungskette erzielt Henkel Fortschritte. Unsere Verpackungen sind heute zu fast 90 Prozent recycelbar oder wiederverwendbar. Bis 2025 sollen 100 Prozent der Verpackungen wiederverwertbar oder -verwendbar sein. Zudem wollen wir die Menge an neuen Kunststoffen auf fossiler Basis in unseren Konsumgüterverpackungen in den nächsten fünf Jahren um 50 Prozent reduzieren. Denn laut einer aktuellen Studie des Fraunhofer-Instituts können durch den Einsatz von Recyclingkunststoffen bis zu 60 Prozent der klimaschädlichen Treibhausgas-Emissionen im Vergleich zur Verwendung von Neuplastik eingespart werden.

 

Fangen Sie einfach an, wo immer Sie einen interessanten Ansatz sehen. Das kann auch innerhalb der eigenen Stiftungsstruktur sein: In unserem Workshop “Die klimaneutrale Stiftung” zeigen wir zum Beispiel verschiedene Wege auf, mit denen eine Stiftung über ihr eigentliches Förderportfolio hinaus für den Erhalt des Planeten eintreten kann. Von der Bewertung des eigenen Fußabdrucks bis zu der Art, wie Sie das Stiftungsvermögen anlegen, gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten zum Klimaschutz beizutragen.

Gerade die Rolle des eigenen Kapitals bei der Bewältigung der Klimakrise wird oft unterschätzt. Es ist aber ein hocheffizienter Hebel für die Förderung klimapositiver Maßnahmen und zugleich bieten sich oftmals interessante Anlageoptionen.

Philanthropisches Handeln wird stets von einer Vision geleitet. Stiftungen haben ein großes Potenzial, die vor uns liegende gewaltige gesellschaftliche und wirtschaftliche Transformation zu begleiten. Dabei können sie auf vorhandenes Wissen und Erfahrungen nationaler und internationaler Klimastiftungen aufbauen und diese für ihren jeweiligen Kontext anpassen. Letztendlich liegt es an uns, die Klimakrise positiv zu nutzen und als Aufgabe unserer Generation und Zukunftssicherung folgender Generationen anzunehmen. Auch wenn Politiker die Rahmenbedingungen setzen müssen, waren es in der Vergangenheit immer wieder Unternehmerfamilien, die mit Pioniergeist und wertebasierter Führung neue Wege eingeschlagen haben – ob mit dem Unternehmen oder auch mit der Stiftungsarbeit.